Staudengarten

Wildstaudengarten: Insektenfreundlich und klimaresilient

Auch Schlüsselblumen sind Stauden! Das überrascht Sie? Dann werden Sie jetzt noch mehr staunen: Die Österreicherin Katrin Lugerbauer ist begeistert vom Gärtnern mit Wildstauden und erzählt uns viel Überraschendes zu naturnahen Staudengärten.

Katrin Lugerbauer Die Österreicherin Katrin Lugerbauer hat einen wunderschönen Wildstauden-Garten angelegt.  (Bild: privat)

Katrin Lugerbauer liebt Wildstauden – sie hat über sie gebloggt, sie hat über sie Bücher veröffentlicht und sie hat, gemeinsam mit ihrer Mutter, einen herrlichen Staudengarten angelegt.  Als Vorbild dafür dienen ihr die üppigen Wildblumenwiesen des Alpenvorlandes. Ihr Staudengarten ist so schön, dass die Menschen von weit her extra nach Oberösterreich kommen, um ihn zu besichtigen. Die 37-Jährige lebt dort südlich von Linz mit ihrer Familie, arbeitet als Lehrerin und widmet sich in ihrer Freizeit seit ihrer Jugend am liebsten dem naturnahen Gärtnern. Wir haben mit ihr über ihre Liebe zu Wildstauden gesprochen, was eigentlich Stauden genau sind und wie Hobbygärtner*innen je nach örtlichen Bedingungen einen naturnahen, insektenfreundlichen und klimaresilienten Staudengarten anlegen können.

Wie ist Dein Interesse am naturnahen Gärtnern entstanden?

Bei uns in der Familie gab es schon immer Gärten. Schon meine Großeltern gärtnerten am Haus, legten Gemüse- und Blumenbeete an, genauso wie dann später meine Eltern. Der Garten war also von Anfang an präsent für mich. Dazu gab es diese wunderschöne Natur rund um uns herum im Alpenvorland. Dieses ist ein besonderer, artenreicher Lebensraum, da hier Schotterböden und auch lehmige Böden in die Kalkalpen übergehen. Wir waren immer draußen unterwegs zum Wandern und Bergsteigen. Dabei habe ich viele Pflanzen entdeckt. Ich wollte unbedingt wissen, um welche Pflanzen es sich handelt und festgestellt, dass man viele von ihnen auch im eigenen Garten anpflanzen kann.

Wie kamst Du darauf, dich auf Stauden zu spezialisieren?

Mein Interesse an ihnen wuchs rasant, als ich zu Beginn des Internets, also Ende der 90er Jahre, online auf die ersten Staudengärtnereien getroffen bin. Auch entwickelten sich damals die ersten Gartenforen. Dadurch erfuhr ich, dass es wirklich eine unglaubliche Vielfalt an Stauden gibt, die ich aus unseren Gärten noch nicht kannte. Ich habe über das Netz viele Leute kennengelernt, Pflanzen getauscht und Gärtnereien gefunden, die eine riesige Auswahl an Stauden haben. Wir haben das Glück, dass die tolle Stauden-Gärtnerei von Christian Kreß ganz in der Nähe ist. Er hat ein Sortiment über 3000 Stauden. Diese Vielfalt war für mich unvorstellbar und total spannend.

Wiesensalbei mit Margeriten Inspiriert von den heimischen Wiesen ist diese einfache Kombination, die Mitte Mai blüht: Wiesensalbei mit Margeriten sehen gut aus und die Insekten freuen sich. Nach der Blüte schneidet man beide zurück, ganz so, wie das auf einer Heuwiese auch passieren würde.  (Katrin Lugerbauer)

Es gibt 3000 bis 4000 Staudenarten? Ich sehe im Gartencenter immer nur ein paar Dutzend?

Ich habe über die Jahre festgestellt, dass es ein großes Missverständnis bezüglich Stauden gibt. Viele Menschen, die sich nicht tiefer mit dem Thema befassen, denken, dass Stauden Sträucher sind. Also mehrjährige Pflanzen, die einen dickeren Stamm haben und Geäst – wie zum Beispiel Rosmarin, Lavendel oder eben Gehölze wie Holunder. Dabei sind das gar keine Stauden, sondern Sträucher! Das Hauptmerkmal einer Staude ist, dass sie mehrjährig ist, dass sie am Ende der Saison oberirdisch abstirbt und im Frühling wieder austreibt. Damit ist im Prinzip ist fast alles, was in einer Wiese wächst, eine Staude: ein einfacher Löwenzahn, eine Margarite, Schneeglöckchen, Schlüsselblumen und sogar das Gras selbst – das alles sind Stauden. Genauso wie fast alle Gartenpflanzen Stauden sind, wie beispielsweise Rittersporn, Phlox oder das Tränende Herz.

Himmel, das wusste ich nicht.

Ja, diese Reaktion kenne ich gut. Das Tolle aber ist, dass mit diesem Wissen und der vorhandenen Auswahl an Stauden der Garten so viel vielfältiger blühend und dauerhafter gestaltet werden kann als gedacht! Und das dann auch noch mit wenig Aufwand. Denn Stauden sind extrem pflegeleicht. Man pflanzt sie ein, wässert sie zu Beginn und im Optimalfall kommen sie dann über Jahre hinweg immer wieder und breiten sich sogar von alleine aus. Meine Idealvorstellung eines Gartens ist, dass er an die natürlichen, wunderschönen Alpenwiesen erinnert – oder an andere natürliche Lebensräume. Das ist mit Stauden ziemlich leicht nachzubauen.

Der Staudengarten von Katrin Lugerbauer

Und was nun sind genau Wildstauden?

Als Wildstauden werden alle nicht züchterisch bearbeiteten Stauden bezeichnet. Das heißt, genauso, wie sie in der Natur vorkommen, werden sie auch im Garten verwendet. Im Gegensatz dazu gibt es die Sorten, die durch Züchtung entstanden sind. Oftmals wurden dabei bestimmte gewünschte Eigenschaften wie zum Beispiel gefüllte Blüten in die Sorte gezüchtet. Oft sind diese Eigenschaften jedoch nachteilig für die Tierwelt, es wird beispielsweise kein Pollen mehr gebildet oder die Blüten sind für Insekten schwer zugänglich. Deswegen ist es aus ökologischer Sicht total sinnvoll, möglichst vielfältige heimische Wildstauden in den Garten zu pflanzen. In Zeiten des Klimawandels und der zunehmenden Wetterkapriolen von extrem heiß und trocken hin zu sintflutartigen Regenfällen sind heimische Wildstauden ein zusätzliches Plus. Denn sie sind an das abwechslungsreiche mitteleuropäische Klima angepasst.

Trockenbeet mit Stauden Das große Trockenbeet beinhaltet mit Königskerzen, Margeriten, Natternkopf, Wegwarte, Kamille, Mannstreu und viele Wildstauden, die im durchlässigen, sandigen und mit Kies gemulchten Boden bestens gedeihen. Das Beet ist auf dem Bild gerade einmal zweieinhalb Jahre alt.  (Katrin Lugerbauer)

Wenn ich in meinem Garten nun eine Wiese angelehnt an jene der Voralpen anlegen möchte, wie gehe ich dann am besten vor?

Zunächst muss man den Standort verstehen, also schauen, ist es schattig, ist es sonnig, ist der Boden eher lehmig oder sandig, ist es im Sommer sehr heiß und so weiter. Dann empfiehlt sich, erstmal auf das zurückzugreifen, was im Garten oder auch im näheren Umfeld bereits am jeweiligen Standort gut wächst. So hat man schon mal eine Art Grundstock. Und dann können Gärtner*innen weitere, für ähnlichen Standortbedingungen geeignete Pflanzen hinzufügen. Dazu geht man am besten auf die Website von auf Wildstauden spezialisierte Gärtnereien. Von ihnen gibt es zum Glück immer mehr. Dort gibt es für jeden Standort die passende Wildstaude zu bestellen. Oder man plant gleich einen Ausflug zu so einem Betrieb.

Wie gehe ich konkret vor, wenn ich zum Beispiel im Moment einfach nur ein großes Rasenstück habe?

Im empfehle immer, ein neues Beet anzulegen. Also einen zum Beispiel zehn Quadratmeter großen Bereich im Garten wirklich komplett umzugraben, den Bewuchs zu entfernen und dann darauf die zum Standort passenden Stauden zu setzen. Aus einem Rasen eine Wildblumenwiese zu machen, erfordert viel mehr Zeit und Aufwand. Die meisten Rasenflächen sind sehr nährstoffreich, was Blütenpflanzen, die wir eigentlich dort haben wollen, nicht mögen. Deshalb müsste man den Boden erst einmal abmagern, das heißt, dafür die Fläche regelmäßig mähen und das Schnittgut abtransportieren. Es dauert aber auf diese Weise Jahre, bis der Boden genug abgemagert ist. Eine weitere Möglichkeit ist, von einem Stück des Rasens die oberste Bodenschicht abzuziehen und mit Sand auszumagern. Auch das ist ein großer Aufwand. Ein Staudenbeet ist immer noch die beste Einstiegsmöglichkeit.

Ziest Aufrechter Ziest wächst selbst an sehr trockenen, sandigen Stellen gut und blüht von Mai bis weit in den Sommer hinein. Er wird von vielen Insekten besucht.  (Katrin Lugerbauer)

Wann ist die beste Zeit, um Stauden zu pflanzen?

Am besten man pflanzt sie im Spätsommer oder im Herbst. Dann ist es ist in den Nächten schon kühler und die Pflanzen wurzeln über den Winter gut ein. Wenn die Witterung im Frühling gut ist, muss man im kommenden Jahr schon kaum mehr gießen. Es mag seltsam klingen, aber zu viel Gießen tut den Pflanzen nicht gut. Sie entfalten dann keine richtig tiefen Wurzeln, sondern sie bleiben an der Oberfläche, weil dort ja genug Wasser ist. Wenn dann eine Hitzewelle kommt, wenn man gerade im Urlaub ist und nicht gießen kann, sterben die Stauden. Man muss darauf vertrauen, dass die Pflanzen einwurzeln.

Welche Staudenarten empfiehlst Du für die nun immer trockener werdenden Sommer?

Es gibt wirklich eine riesige Auswahl an Stauden, die Hitze aushalten. Es gibt viele Pflanzen aus den Alpenregionen, die an durchlässige, trockene Böden gewöhnt sind. Genauso passend sind auch Magerrasenarten und die vielfältigen Arten aus den Steppengebieten im Osten Europas. Manches ist noch unbekannt, aber es gibt wirklich eine riesige Artenvielfalt an Wildstauden, die mit heißen und trockenen Standorten klarkommen. Und eine ebenso große, die mit sehr feuchten oder dunklen Standorten kein Problem hat. Die Möglichkeiten, Wildblumen erfolgreich anzupflanzen, sind wirklich unbegrenzt.

Frau Lugerbauer, herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Almut Gaude, die sich als Berlinerin Jahr für Jahr nach üppigen Alpenvorland-Wildblumenwiesen sehnt.

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